✎ Jara Baumann, Maria Reges
«Wenn ich am Abend meine Uniform ausziehe, lasse ich das Gefängnis Gefängnis sein», sagt Regula Rubi. Sie heisst in Wirklichkeit anders, ihren echten Namen nennen wir zu ihrem Schutz nicht. Sie arbeitet seit fünf Jahren im Regionalgefängnis Thun. Dort ist sie für die Aufsicht und Betreuung der Insassen zuständig. Ursprünglich hat sie jedoch eine Lehre als Kauffrau gemacht. Durch Zufall nahm sie in ihrem alten Job an einem Besuchstag im Regionalgefängnis teil. Weil ihr das sehr gefallen hat und sie sich schon länger wünschte, mit Menschen zu arbeiten, änderte sie kurzerhand ihren Beruf.
Nur eine Stunde nicht in der Zelle
Für die Inhaftierten gibt es einen geregelten Tagesablauf, dieser startet um 7 Uhr morgens. Zuerst reinigen sie selbst ihre Zelle, gehen duschen oder spazieren. Pro Tag dürfen sie aber nur eine Stunde ausserhalb der Zelle verbringen, dies ist gesetzlich vorgeschrieben.
«Ich arbeite mit dem Menschen und nicht mit seinem Delikt.»
Regula Rubi, Gefängniswärterin
Für die Mitarbeitenden des Regionalgefängnisses gibt es jedoch keinen festen Tagesablauf. Weil sie mit Menschen zusammenarbeiten, treten immer wieder andere Situationen auf, die man nicht planen kann. Regula Rubi ist hauptsächlich für die Betreuung und Sicherheit der Insassen zuständig. Sie begleitet die Insassen etwa zu Terminen oder führt Gespräche mit den Inhaftierten.
«Ich arbeite mit dem Menschen und nicht mit seinem Delikt», sagt Regula Rubi. Weil sie oftmals gar nicht weiss, was den Inhaftierten vorgeworfen wird, will und kann sie gar nicht urteilen. Sie geht mit den Betroffenen normal um und macht dabei keinen Unterschied, ob diese schuldig sind oder nicht.
Der Beruf hat auch negative Seiten, dazu gehören suizidale Gedanken oder gar Suizidversuche, die Insassen entwickeln, wenn sie mit der Situation nicht zurechtkommen. Schwierige Momente sind es auch, wenn Rubi mit psychisch kranken Menschen arbeitet, oder auch mit Insassen, die in der Kindheit oder allgemein zu Hause viel durchmachen mussten. Kurz nachdem das Gespräch für diesen Artikel geführt wurde, sorgte die Schlagzeile «17-Jähriger bei Brand in Zelle schwer verletzt» für Aufsehen.
Das Schönste? Der letzte Tag
Hingegen das Schönste an diesem Beruf ist Rubis Meinung nach, wenn man einem Insassen mitteilen kann, dass er seine Sachen packen kann und frei ist.
«Angst darf man hier im Gefängnis nicht haben», sagt Regula Rubi. Häftlinge, sagt sie, merken alles, sie merken es sogar, wenn man einen schlechten Tag hat und man sich anders verhält. Rubi hat aber das Gefühl, dass sie als Frau manchmal eine angespannte Situation lockern kann und dass die Männer ihr gegenüber grundsätzlich Respekt zeigen. Es gebe aber auch Gruppen, die Mühe im Umgang mit Frauen hätten. Dies wisse man aber, so Rubi, und man könne entsprechend damit umgehen.
https://www.thunertagblatt.ch/angst-darf-man-hier-im-gefaengnis-nicht-haben-191216666446
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